Pages

Freitag, 18. März 2011

Von Sapa bis nach Kunming

Nach drei Tagen in Sapa ging es zuerst einmal mit einer langen Abfahrt bis zur chinesischen Grenze los. Zuerst bei schönstem Sonnenschein, dann durch den wohlbekannten Nieselregen. Der Grenzübertritt war wieder einmal völlig problemlos und so fuhr ich schon bald entlang dem Roten Fluss (Red River), der spaeter durch Hanoi bis in die Halong Bay
fliesst, in Richtung Kunming. Bis dorthin gab es noch ein paar Hindernisse zu überwinden. Am zweiten Tag war da ein Stausee, der
geflutet wurde bevor eine höher gelegene Strasse fertig gebaut war, so dass ich bereits in den Genuss einer der berüchtigten chinesischen Baustellenstrecken kam (die Chinesen bauen die Strassen gerne über sehr lange Abschnitte gleichzeitig, es kursieren im Internet Velofahrer- Horrorrgeschichten über die Tage dauernde Durchfahrt solcher mehr als 100km langer Baustellen). Als die Strasse in den See muendete wurde ich dann mit einer Fähre ans andere Ufer gebracht, wo
ich mich über eine Holperstrasse nach Yiangyang durchkämpfte. Am darauffolgenden Tag gings aus dem Tal des roten Flusses hinaus, was mit einem anständigen Aufstieg ueber den letzten Pass vor Kunming verbunden war. Das letzte Hindernis war dann noch, den Weg nach Kunming hinein zu finden, was dann aber einfacher war als erwartet.

Angenehm überrascht hat mich das Wetter in China. Schon kurz nach der vietnamesischen Grenze hatte ich wieder jeden Tag warme und sonnige Tage. Auf den Strassen gab es kaum Verkehr, die Natur war in Frühlingsstimmung, so dass es herrliche Fahrtage waren. Sogar die Städte waren hübsch, teils mit alt- alten, teils mit neu- alten Stadtkernen. China ist aber auch ein Land voller abrupter Wechsel, von idyllischsten Strassen kommt man ploetzlich in verkehrsverstopfte Gegenden, schoene Natur wechselt sich ab mit stinkenden Openair- Abfalllagerstaetten (meist zur Begruessung am Dorfeingang). Abfallentsorgung ist sowieso in weiten Teilen persoenliche
Ermessenssache oder, wie uns jemand gesagt hat,"Recycling? You recycle as you like".

Vor vier Jahren war ich das letzte Mal in China. Damals war die Diskussion ueber China als zukuenftige Weltmacht noch nicht so allgegenwaertig. Inzwischen scheint dieser Aufstieg ja allgemein als Tatsache gesehen zu werden und so ist ist es interessant, das Land auch unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten. Auffallend ist sicher der Gegensatz zwischen Stadt und Land. Auf dem Land pfluegt der Bauer nach wie vor mit dem vorgespannten Ochsen sein Feld, viele Kleinebauernbetriebe praegen das Bild. Wie oben erwaehnt gibt es ueberall viel Abfall und immer wieder einmal Fabriken mit
zweifelhaften Umweltstandards. Die Staedte dagegen sind oft modern, grosszuegig, sauber, es gibt Elektroroller und elektrische Busse. Es
gibt schicke Boutiquen und Fastfoodlokale, Mobileshops und Supermaerkte. Nicht viel anders als bei uns. Ich habe den Eindruck, dass eine Konsumgesellschaft heran gebildet wird, die vielleicht einige unserer Fehler nicht mehr machen wird, die aber sonst unsere Werte anstrebt. Der Staat hilft das Umfeld dazu zu kreieren
(Strassenbau, Bahnstrecken, Rohstoffsicherung, Energieversorgung etc), er lenkt und duldet keinen Einspruch. Eigentlich eine Konsumdiktatur oder eine kapitalistische Diktatur und man kann sich fragen, wozu es denn die Meinungsfreiheit braucht, wenn man alles kaufen kann. Die Einschraenkung der individuellen Freiheit und die Kontrolle geschieht sehr subtil, man merkts wenn das World Wide Wew zum eingeschraenkten China World Wide Web mutiert oder wenn die Gaestedaten von der Hotelreception direkt in den Zentralcomputer wandern oder wenn sich die Senderauswahl am Fernsehen auf 50 chinesische Stationen beschraenkt. Meine Blogeintraege werden kuenftig leider auch etwas textlastiger sein und weniger Bilder bieten, da mein Blog von China aus nicht erreichbar ist und ich nur mit emails publizieren kann.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen