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Donnerstag, 24. März 2011

Vom ewigen Frühling in den Permafrost

Kunming ist die Schwesterstadt Zürichs. So konnte ich mich ein kleines bisschen zu Hause fühlen. Allerdings ist das eine sehr grosse Schwester und das Zürcher Gegengeschenk zum Chinagarten, den wir von Kunming bekommen haben, konnte ich nirgends entdecken. Vielleicht die Sauberkeit und Ordnung der Stadt, oder vielleicht wird im April Sechseläuten und im September Knabenschiessen gefeiert. Kunming ist auch die Stadt, wo es angeblich immer Frühling ist. Zum Glück wie bei uns an einem schönen Mai- Tag und nicht wie an einem durchschnittlichen April- Tag. So genoss ich das angenehme Wetter in Kunming und die Vorzüge der Grossstadt, gönnte meinem Velo einen grossen Service und nahm Abschied von meiner Solotour- Zeit. Am ersten Märzwochenende kam Priscilla in Kunming an und ich packte bei der Abfahrt erstmals seit langer Zeit das Velo nicht mehr alleine.

Unsere Route führte in Yunnans Norden. Auf der arte erschien die Strecke direkt nach Norden interessanter als die über Dali. Tatsächlich waren es abwechslungsreiche, meist ruhige Strassen, die über Panzhihua nach Lijiang führten. Einzig um Panzhihua herum war es weniger idyllisch, da gibt es viele Kohlekraftwerke und entsprechend viele Kohlelastwagen, die alles mit Kohlestaub überpudern. Wir
> überbrückten diesen Abschnitt mit dem Bus. An einem Sonntag waren wir anscheinend auf der lokalen Radtrainingsstrecke unterwegs, immer wieder überholten uns chineschische Radlergruppen und wollten mit uns für Fotos posieren. Kurz vor Lijiang kreuzten wir zum ersten Mal den Yangtse. Danach folgte ein langer Aufstieg ins kühle Hochtal von Lijiang. Das ist eine hochgradig touristifizierte Region, angefangen
> hat es wohl mit der Ernennung von Lijiangs (tatsächlich sehr hübscher) Altstadt zum Unesco Welt- Kulturerbe. Inzwischen herrscht in der Altstadt ein Gedränge wie an der Streetparade, die Neustadt wächst rasend schnell und das Umland ist voll mit Ausflugszielen. In China kostet jede touristische Sehenswürdigkeit, egal ob Kloster, See oder Aussichtspunkt anständig Eintrtitt (ca 5- 10 Fr- damit kann man in China zweimal zu zweit gut esssen gehen). Hier scheinen die alten kommunistischen Ideale schon recht weit entrückt zu sein. Da wir keine Lust hatten viele Yuan loszuwerden, nur um zusammen mit ganz vielen dauerphotographierenden Chinesen diese Sehenswürdigkeiten anzuschauen, entschieden wir uns für einen Privatausflug, geführt von einer Angehörigen der Naxi- Minderheit. So bekamen wir kleine Naxi- Dörfer und deren Bewohner zu sehen und zum Sonnenuntergang gabs noch einen Ausritt durch einen Föhren- Rhododendrenwald auf eine Anhöhe mit Aussicht auf den Yangtse und Schneeberge.

Nach den Pausentagen in Lijiang ging es weiter zum nächsten Touristenmagnet Nord- Yunnans, der Tiger Leaping Gorge. Die Schlucht hat ihren Namen von der Legende, das ein Tiger einmal von der einen Seite auf die andere gesprungen sei. Das muss ein sehr sprungstarker Tiger gewesen sein, auch wenn die Schlucht wirklich eng ist. Der Yangtse sucht sich da den Weg zwischen zwei 5000er hindurch, es soll die tiefste Schlucht der Welt sein. Wir durchfuhren die Schlucht und folgten danach einer Nebenstrasse nach Zhongdian, uns der Schneegrenze annähernd. Als 100km vor Zhongdian an einem Morgen das Wetter und Priscilla's Bauch übel waren, entschieden wir uns für einen Minibus. Kein schlechter Entscheid fanden wir, als wir die schneebedeckten Pässe überquerten.

Zhongdian heisst neuerdings marketingtechnisch Shangri La, liegt am Rand des tibetischen Plateaus, fühlt sich bereits sehr tibetisch an und bekommt ordentlich viel kalte Himalaya- Luft ab. Es gibt eine hübsche Altstadt mit reich verzierten Holzhäusern, gemüliche Kaffees, die Luft ist kalt und klar und am Horizont sind Schneeberge. Wir fühlten uns wie in den Winterferien in den schweizer Bergen.
Doch nun geht es weiter, wir wollen versuchen weiter nach Norden, nach Litang zu kommen. Ob das möglich ist wissen wir nicht. Einerseits liegt auf den Pässen noch ordentlich Schnee, das Haupthindernis sind aber die Polizei- Checkpoints. Gerüchteweise wurden in den letzten Tagen Ausländer an diesen zurückgeschickt, doch ob die Strecke für uns offen ist oder nicht, kann niemand sagen, die lokale Polizei nicht und das lokale Public Security Bureau nicht. Also mal schauen.

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