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Mittwoch, 30. März 2011

Süden statt Norden

Anstatt im gemütlichen Zelt auf einem 4000er Pass liegen wir in einem chinesischen Dutzendhotelzimmer in Jianchuan. Das ist so ungefähr auf der Höhe von Lijiang. Ja, da in der Gegend waren wir vor etwas mehr
als einer Woche bereits einmal. Nun waren es nicht die Behörden, die unsere Pläne, in Richtung Litang zu fahren, durchkreuzten, sondern das Wetter. Am morgen, als wir aufbrechen wollten, herrschte in Shangri La
schönstes Flockentreiben, was uns zu einem genaueren Studium der Wetterprognosen bewog. Diese kündeten für unsere geplante Strecke viel Schnee und Temperaturen im zweistelligen Minusbereich an. Das
überstieg dann doch unsere Abenteuerlust und wir entschieden, anstatt einer Passfahrt nach Norden eine Flussfahrt nach Süden zu unternehmen. Den Yangtse runter, den Mekong rauf.
Nun sind wir also in Jianchuan und auch hier, auf lediglich gut 2000m, sorgt der Kälteeinbruch für Temperaturen knapp über Null Grad. Wären wir nach Norden los, wüden wir nun wohl Iglu bauen.
Die Fahrt den Yangtse hinunter war sehr schön. Im oberen Teil waren wir noch im tibetischen Kulturkreis, mit Gebetsfahnen, Chorten, den massiven Häusern mit bunt bemalten Fenstern und Giebeln. Flussabwärts kamen wir dann wieder durch Dörfer der Naxi- Minderheit.

Wie gesagt war der neue Plan, nun über ein paar Berge zum Mekong zu fahren und entlang diesem hinauf nach Deqin, am Rande des tibetischen Plateaus. Nun habe ich aus einem Reiseblog erfahren, dass diese ganze Strecke in eine der berüchtigten Baustellenstrecken verwandelt wurde, die im Januar entstandenen Bilder sehen höchst abschreckend aus. Zudem wird berichtet, dass die Strecke nur am Wochenende während einiger
Stunden befahren werden kann.
Das kommt etwas ungelegen, den so um den 10. April herum müssen wir wieder in Shangri La sein. Dann soll es nämlich nach Lhasa gehen, von wo wir nach Kathmandu radeln wollen. Wenn wir dürfen. Im März war Tibet geschlossen für Touristen, im April ist's versuchsweise offen, unsere Tour wird zur Zeit von irgendeiner Behörde (hoffentlich wohlwollend) begutachtet, so dass wir, wenn alles gut geht, am 13.
aufbrechen können.

Wenn wir nicht gerade mit diesen behördlichen Unabwägbarkeiten konfrontiert werden, geniessen wir ein sympathisches und interessantes China.
Da ist das Land im Umbruch. In Provinzstädten findet man das im Verschwinden begiffene und das neue China nebeneinander. Da gibt es noch das Althergebrachte, Traditionelle, die verwinkelten Gassen mit schiefen Holzhäusern, die Alten, die sich abends zum Majongspiel treffen und dabei aussehen, als wäre Mao noch immer im Zentralpalast und nicht schon längst im Mausoleum. Daneben gibt es dann die Karaokebars und Fastfoodlokale, die stilbewusste Jugend, die grossangelegten Neubauviertel für den entstehendem Mittelstand.
Dann ist da auch der Vielvölkerstaat. All die verschiedenen Minderheiten in ihrer traditionellen Kleidung, ein anscheinend friedliches Nebeneinander, doch im Gespräch wird dann schnell klar, wie sehr es unter der Oberfläche gärt.
Besoners sympathisch an China ist das Essen, ein Lieblingsthema des Velofahrers. Kleine Esslokale gibt es überall und da zeigt man einfach auf die in einer Vitrine ausgestellten Zutaten, wartet fünf Minuten und hat etwas Tolles auf dem Tisch. Ein perfektes Point- and- Click Interface. Auch wenn Knoblauch und Glutamat anscheinend unverzichtbar sind, die Glibbersaucen wie in unseren China- Fastfoods gibt's zum Glück nicht. Dafür gibt es ganz viele uns unbekannte Gemüse zum ausprobieren.

Dienstag, 29. März 2011

Fotos Lijiang - Zhongdian

Ein paar weitere Bilder von unserem weg ab Lijiang, durch die Tiger Leaping
Gorge bis nach Zhongdiang (Shangri La).

Fotos Lijiang - Zhongdian

Ein paar weitere Bilder von unserem weg ab Lijiang, durch die Tiger Leaping
Gorge bis nach Zhongdiang (Shangri La).

Freitag, 25. März 2011

Fotos: Von Sapa bis Lijiang

Wie erwaehnt ist es nicht mehr so einfach, die Blogeintraege zu bebildern. Hier einmal ein paar Bilder von der Strecke von Sapa bis nach Lijiang.

Donnerstag, 24. März 2011

Vom ewigen Frühling in den Permafrost

Kunming ist die Schwesterstadt Zürichs. So konnte ich mich ein kleines bisschen zu Hause fühlen. Allerdings ist das eine sehr grosse Schwester und das Zürcher Gegengeschenk zum Chinagarten, den wir von Kunming bekommen haben, konnte ich nirgends entdecken. Vielleicht die Sauberkeit und Ordnung der Stadt, oder vielleicht wird im April Sechseläuten und im September Knabenschiessen gefeiert. Kunming ist auch die Stadt, wo es angeblich immer Frühling ist. Zum Glück wie bei uns an einem schönen Mai- Tag und nicht wie an einem durchschnittlichen April- Tag. So genoss ich das angenehme Wetter in Kunming und die Vorzüge der Grossstadt, gönnte meinem Velo einen grossen Service und nahm Abschied von meiner Solotour- Zeit. Am ersten Märzwochenende kam Priscilla in Kunming an und ich packte bei der Abfahrt erstmals seit langer Zeit das Velo nicht mehr alleine.

Unsere Route führte in Yunnans Norden. Auf der arte erschien die Strecke direkt nach Norden interessanter als die über Dali. Tatsächlich waren es abwechslungsreiche, meist ruhige Strassen, die über Panzhihua nach Lijiang führten. Einzig um Panzhihua herum war es weniger idyllisch, da gibt es viele Kohlekraftwerke und entsprechend viele Kohlelastwagen, die alles mit Kohlestaub überpudern. Wir
> überbrückten diesen Abschnitt mit dem Bus. An einem Sonntag waren wir anscheinend auf der lokalen Radtrainingsstrecke unterwegs, immer wieder überholten uns chineschische Radlergruppen und wollten mit uns für Fotos posieren. Kurz vor Lijiang kreuzten wir zum ersten Mal den Yangtse. Danach folgte ein langer Aufstieg ins kühle Hochtal von Lijiang. Das ist eine hochgradig touristifizierte Region, angefangen
> hat es wohl mit der Ernennung von Lijiangs (tatsächlich sehr hübscher) Altstadt zum Unesco Welt- Kulturerbe. Inzwischen herrscht in der Altstadt ein Gedränge wie an der Streetparade, die Neustadt wächst rasend schnell und das Umland ist voll mit Ausflugszielen. In China kostet jede touristische Sehenswürdigkeit, egal ob Kloster, See oder Aussichtspunkt anständig Eintrtitt (ca 5- 10 Fr- damit kann man in China zweimal zu zweit gut esssen gehen). Hier scheinen die alten kommunistischen Ideale schon recht weit entrückt zu sein. Da wir keine Lust hatten viele Yuan loszuwerden, nur um zusammen mit ganz vielen dauerphotographierenden Chinesen diese Sehenswürdigkeiten anzuschauen, entschieden wir uns für einen Privatausflug, geführt von einer Angehörigen der Naxi- Minderheit. So bekamen wir kleine Naxi- Dörfer und deren Bewohner zu sehen und zum Sonnenuntergang gabs noch einen Ausritt durch einen Föhren- Rhododendrenwald auf eine Anhöhe mit Aussicht auf den Yangtse und Schneeberge.

Nach den Pausentagen in Lijiang ging es weiter zum nächsten Touristenmagnet Nord- Yunnans, der Tiger Leaping Gorge. Die Schlucht hat ihren Namen von der Legende, das ein Tiger einmal von der einen Seite auf die andere gesprungen sei. Das muss ein sehr sprungstarker Tiger gewesen sein, auch wenn die Schlucht wirklich eng ist. Der Yangtse sucht sich da den Weg zwischen zwei 5000er hindurch, es soll die tiefste Schlucht der Welt sein. Wir durchfuhren die Schlucht und folgten danach einer Nebenstrasse nach Zhongdian, uns der Schneegrenze annähernd. Als 100km vor Zhongdian an einem Morgen das Wetter und Priscilla's Bauch übel waren, entschieden wir uns für einen Minibus. Kein schlechter Entscheid fanden wir, als wir die schneebedeckten Pässe überquerten.

Zhongdian heisst neuerdings marketingtechnisch Shangri La, liegt am Rand des tibetischen Plateaus, fühlt sich bereits sehr tibetisch an und bekommt ordentlich viel kalte Himalaya- Luft ab. Es gibt eine hübsche Altstadt mit reich verzierten Holzhäusern, gemüliche Kaffees, die Luft ist kalt und klar und am Horizont sind Schneeberge. Wir fühlten uns wie in den Winterferien in den schweizer Bergen.
Doch nun geht es weiter, wir wollen versuchen weiter nach Norden, nach Litang zu kommen. Ob das möglich ist wissen wir nicht. Einerseits liegt auf den Pässen noch ordentlich Schnee, das Haupthindernis sind aber die Polizei- Checkpoints. Gerüchteweise wurden in den letzten Tagen Ausländer an diesen zurückgeschickt, doch ob die Strecke für uns offen ist oder nicht, kann niemand sagen, die lokale Polizei nicht und das lokale Public Security Bureau nicht. Also mal schauen.

Freitag, 18. März 2011

Von Sapa bis nach Kunming

Nach drei Tagen in Sapa ging es zuerst einmal mit einer langen Abfahrt bis zur chinesischen Grenze los. Zuerst bei schönstem Sonnenschein, dann durch den wohlbekannten Nieselregen. Der Grenzübertritt war wieder einmal völlig problemlos und so fuhr ich schon bald entlang dem Roten Fluss (Red River), der spaeter durch Hanoi bis in die Halong Bay
fliesst, in Richtung Kunming. Bis dorthin gab es noch ein paar Hindernisse zu überwinden. Am zweiten Tag war da ein Stausee, der
geflutet wurde bevor eine höher gelegene Strasse fertig gebaut war, so dass ich bereits in den Genuss einer der berüchtigten chinesischen Baustellenstrecken kam (die Chinesen bauen die Strassen gerne über sehr lange Abschnitte gleichzeitig, es kursieren im Internet Velofahrer- Horrorrgeschichten über die Tage dauernde Durchfahrt solcher mehr als 100km langer Baustellen). Als die Strasse in den See muendete wurde ich dann mit einer Fähre ans andere Ufer gebracht, wo
ich mich über eine Holperstrasse nach Yiangyang durchkämpfte. Am darauffolgenden Tag gings aus dem Tal des roten Flusses hinaus, was mit einem anständigen Aufstieg ueber den letzten Pass vor Kunming verbunden war. Das letzte Hindernis war dann noch, den Weg nach Kunming hinein zu finden, was dann aber einfacher war als erwartet.

Angenehm überrascht hat mich das Wetter in China. Schon kurz nach der vietnamesischen Grenze hatte ich wieder jeden Tag warme und sonnige Tage. Auf den Strassen gab es kaum Verkehr, die Natur war in Frühlingsstimmung, so dass es herrliche Fahrtage waren. Sogar die Städte waren hübsch, teils mit alt- alten, teils mit neu- alten Stadtkernen. China ist aber auch ein Land voller abrupter Wechsel, von idyllischsten Strassen kommt man ploetzlich in verkehrsverstopfte Gegenden, schoene Natur wechselt sich ab mit stinkenden Openair- Abfalllagerstaetten (meist zur Begruessung am Dorfeingang). Abfallentsorgung ist sowieso in weiten Teilen persoenliche
Ermessenssache oder, wie uns jemand gesagt hat,"Recycling? You recycle as you like".

Vor vier Jahren war ich das letzte Mal in China. Damals war die Diskussion ueber China als zukuenftige Weltmacht noch nicht so allgegenwaertig. Inzwischen scheint dieser Aufstieg ja allgemein als Tatsache gesehen zu werden und so ist ist es interessant, das Land auch unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten. Auffallend ist sicher der Gegensatz zwischen Stadt und Land. Auf dem Land pfluegt der Bauer nach wie vor mit dem vorgespannten Ochsen sein Feld, viele Kleinebauernbetriebe praegen das Bild. Wie oben erwaehnt gibt es ueberall viel Abfall und immer wieder einmal Fabriken mit
zweifelhaften Umweltstandards. Die Staedte dagegen sind oft modern, grosszuegig, sauber, es gibt Elektroroller und elektrische Busse. Es
gibt schicke Boutiquen und Fastfoodlokale, Mobileshops und Supermaerkte. Nicht viel anders als bei uns. Ich habe den Eindruck, dass eine Konsumgesellschaft heran gebildet wird, die vielleicht einige unserer Fehler nicht mehr machen wird, die aber sonst unsere Werte anstrebt. Der Staat hilft das Umfeld dazu zu kreieren
(Strassenbau, Bahnstrecken, Rohstoffsicherung, Energieversorgung etc), er lenkt und duldet keinen Einspruch. Eigentlich eine Konsumdiktatur oder eine kapitalistische Diktatur und man kann sich fragen, wozu es denn die Meinungsfreiheit braucht, wenn man alles kaufen kann. Die Einschraenkung der individuellen Freiheit und die Kontrolle geschieht sehr subtil, man merkts wenn das World Wide Wew zum eingeschraenkten China World Wide Web mutiert oder wenn die Gaestedaten von der Hotelreception direkt in den Zentralcomputer wandern oder wenn sich die Senderauswahl am Fernsehen auf 50 chinesische Stationen beschraenkt. Meine Blogeintraege werden kuenftig leider auch etwas textlastiger sein und weniger Bilder bieten, da mein Blog von China aus nicht erreichbar ist und ich nur mit emails publizieren kann.